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„BBS fit für 4.0“ an der BBS Neustadt

Die Digitalisierung der Geschäfts- und Arbeitsprozesse umfasst mittlerweile alle Wirtschaftsbereiche. Der als Industrie 4.0 bezeichneten Entwicklung zu Produktionsprozessen, die auf Basis von IT-Technologien effizienter, flexibler und zuverlässiger werden sollen, entspricht bei den Geschäftsprozessen der Trend zur Digitalisierung und Vernetzung von Geschäftsfällen. Deren Bandbreite reicht vom Online-Verkauf über die automatisierte Auftragsabwicklung und -kalkulation über das Management von automatisierten Warenlagern bis zur Abwicklung des Vertriebsprozesses unter Verwendung von mobilen Robotersystemen (Drohnen). Diese Entwicklung beinhaltet eine zunehmende Verknüpfung von Produktions- und Geschäftsprozessen, was sich wiederum auf veränderte Anforderungen in den Berufsprofilen und in den Kompetenzanforderungen in den verschiedenen Ausbildungsberufen auswirkt. So nehmen einfache Tätigkeiten in der Arbeitswelt konsequent ab, und das Verständnis und die Kompetenz der Bedienung von neuen Medien sowie die Einbettung der eigenen Tätigkeit in teils globale Prozesse gewinnt immer mehr an Bedeutung. Um die Auszubildenden von heute auf die digitale Zukunft vorzubereiten, ist es unumgänglich, eine digitalisierte Lernumgebung zu schaffen und eine Anpassung der beruflichen Handlungsfelder und Organisationsformen und damit auch der Infrastruktur an den Berufsbildenden Schulen vorzunehmen. Im Rahmen des Projekts „BBS fit für 4.0“ engagiert sich die BBS Neustadt am Rübenberge und entwickelt eine vernetzte Smart Factory zur Herstellung und zum Vertrieb einer individualisierbaren LED Taschenlampe.

Die Smart-Factory der BBS Neustadt

Mit der Teilnahme an dem Projekt „BBS fit für 4.0“ vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Jahre 2016 wurden eine Vielzahl von Investitionen vorgenommen, die die neuen 4.0 Technologien beinhalten. Durch die Zusammenarbeit der Abteilungen Wirtschaft, Elektrotechnik und Metalltechnik werden erstmalig Vernetzungen von Geschäfts- und Produktionsprozesse innerhalb der Smart Factory und somit die Zusammenarbeit von Schülergruppen aus unterschiedlichen beruflichen Fachrichtungen, wie z. B. Metall- und Elektrotechnik, Wirtschaft und Verwaltung angestrebt.  

 

Die Projektgruppe „Smart Factory“ entwickelte ein Konzept zur Herstellung und zum Vertrieb von individualisierbaren LED Taschenlampen. Dieses Konzept beinhaltet die Vernetzung eines neu eingeführten Warenwirtschaftssystems TRADEMAN für den kaufmännischen Bereich, mit einer CNC Maschine für den Bereich Metalltechnik und einer Montageanlage mit kollaborierenden Robotern für den Bereich Elektrotechnik. Im Rahmen einer Projektwoche haben die Schülerinnen und Schüler der drei Bereiche die Möglichkeit, den gesamten Geschäfts- und Produktionsprozess zu durchlaufen und kennenzulernen.

TRADEMAN im Bereich Wirtschaft und Verwaltung

Der kaufmännische Bestellprozess und somit der gesamte Geschäftsprozess wird angestoßen, indem die Lernenden in einem von kaufmännischen Schülerinnen und Schülern betriebenen Schulshop (Schülerunternehmen „Schreibbox“) gemeinsam mit dem Kunden eine individuelle LED Taschenlampe über einen Touchscreen konfigurieren. Hierfür wurde von den Schülerinnen und Schüler ein Konfigurationsprogramm geschrieben und grafisch aufbereitet, sodass der Kunde selbstständig durch das Programm geführt wird.

 

Die für den Prozess benötigen Bestelldaten, wie z. B.  Kunden- und Artikelstammdaten, Einkaufs- und Verkaufskonditionen werden von den Schülerinnen und Schülern in einem Lernbüro in das Warenwirtschaftssystems TRADEMAN eingepflegt.

 

Der Verkauf des Produktes erfolgt über das angegliederte Kassensystem POSMAN. Dieses Kassensystem ist leicht handhabbar und ist auch in anderen Schülerunternehmen der BBS Neustadt eingeführt.

DMG Mori im Bereich Metalltechnik

Durch die Vernetzung des Warenwirtschaftssystems mit der Produktionsanlage (CNC Maschine) werden die Auftragsdaten an diese übergeben. Die Maschine liest den individuellen Kundenauftrag aus und fertigt gemäß Auftrag die Hülse und den Kopf der Taschenlampe. Auf der CNC Maschine werden die Einzelteile aus Aluminium oder anderen Materialien durch Drehen gefertigt. Die Einzelteile können darüber hinaus auf der Mantelfläche individuell graviert werden.

Die Schülerinnen und Schüler „verfolgen“ während des gesamten Produktionsprozesses das Produkt und erhlaten einen Überblick  über den Stand des Auftrags (Drehen der Taschenlampenhülse, Gravur, etc.) der individuell gefertigten LED Taschenlampe. Nach Beendigung des Produktionsprozesses werden die Auftragsdaten zurück in die Datenbank gespielt, sodass  die Montage  und die Verpackung der verschiedenen Taschenlampenkomponenten gestartet werden kann.

UNIVERSAL im Bereich Elektrotechnik

Die Montageanlage dient dem Zusammenbau der Taschenlampen und ist eine Eigenkonstruktion der BBS Neustadt. Die im Vorfeld ermittelten technischen Industrie-4.0-Trends werden im Berufsschulunterricht erfahrbar gemacht und können durch möglichst große Handhabbarkeit und Variabilität der Anlage eine Vielzahl von unterrichtspraktischen Anforderungen abdecken.

 

Kernelemente dieser Montageanlage sind 7 kollaborierende Roboter des Typs Universal UR3. Jeweils einer dieser Roboter ist auf einem wabenförmigen Tisch, auf welchem sich auch noch Magazine für die Bereitstellung von den Taschenlampenteilen, sowie eine WEB-CAM befinden. Die vorgesehene Aufgabe des Taschenlampenzusammenbaus bietet ein hinreichend komplexes Umfeld, um eine große Bandbreite von Aktionsmöglichkeiten wie Transportieren, Schrauben, Palettieren, Stecken, Ertasten von Abständen u.v.m. eines kollaborierenden Roboters auszuschöpfen.

Die Wabenform der Hexagonaltische gestattet über die Verwendung als Einzellernträger hinaus deren beliebige Kombinierung zu Tischgruppen. Es können auf diese Weise Fertigungsinseln zusammengestellt werden, die das Zusammenarbeiten von mehreren Robotern gestattet. Damit wird es auch möglich, dass der Fertigungsvorgang einer Taschenlampenmontage auf die Materialien der Magazine von benachbarten Tischen zugreift und die Taschenlampe nun in 8 unterschiedlichen Varianten montiert werden kann. Mit Hilfe eines ebenfalls vorhandenen Beschriftungsdruckers ist es außerdem möglich, die Taschenlampe kundenindividuell zu beschriften, womit schließlich eine Fertigung mit Losgröße 1 erreicht wird.

Der Einsatz der Smart Factory in der BBS Neustadt optimiert und erweitert die in den Unterricht implementierten Komponenten (Warenwirtschaftssystem, CNC Maschine, kollaborierende Roboter, u. a.) und die damit zusammenhängenden Geschäfts- und Produktionsprozesse. Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler erhalten einen Einblick in übergreifende Bereiche und verstehen jetzt die Prozesse, die sie bisher nur theoretisch durchlaufen haben oder aus Lehrvideos kennen. Der gesamte Prozess wird für die Schülerinnen und Schüler aller beteiligten Bildungsgänge in Verbindung mit real ablaufenden Fertigungsprozessen in der Smart Factory erfahrbar gemacht. Die in Bezug auf das kaufmännische bzw. technische Spezialwissen notwendigen Kompetenzen sind in den schulischen Curricula so aufbereitet, dass jede Schülerin und jeder Schüler den Gesamtprozess verstehen sowie verfolgen kann und damit die für die Lösung komplexer Frage- bzw. Problemstellungen erforderliche Handlungskompetenz erwirbt.